Verlag für Geschichte
der Naturwissenschaften
und der Technik

Brieftagebuch zwischen Max Planck, Carl Runge, Bernhard Karsten und Adolf Leopold

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 (2003) (2003)

Klaus Hentschel; Renate Tobies (Hrsg.)
Brieftagebuch zwischen Max Planck, Carl Runge, Bernhard Karsten und Adolf Leopold
Mit den Promotions- und Habilitationsakten Max Plancks und Carl Runges im Anhang
(BBGNT – Berliner Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik, Band 24)
278 Seiten, 12 Abb., Pb., 27,80 Euro (2003, 17×24 cm)
ISBN 978-3-86225-047-9
(Dieser Titel ist vergriffen!)
Ein über ein halbes Jahrhundert geführtes Brieftagebuch, das tiefe Einblicke in die Zeit um die Jahrhundertwende 1880–1927 ermöglicht.

Vorwort

Die Edition präsentiert Auszüge aus einem Brieftagebuch, das der Mathematiker Carl Runge (1856–1927), der Physiker Max Planck (1858–1947), der als Lehrer tätige promovierte Physiker Bernhard Karsten (1858–1909) sowie der Jurist Adolf Leopold (1857–1937) führten. Die Auszüge stammen aus dem Zeitraum 1880 bis 1927. Ausgangspunkt des Brieftagebuches bildete die gemeinsame Studienzeit Mitte der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts in München. Die Freunde hatten sich im Akademischen Gesangsverein München kennengelernt und schrieben das Tagebuch auf Anregung Karstens, zunächst ohne Runge; letzterer trat 1880 hinzu.

Iris Anna Runge (1888–1966) hatte die Originaltagebücher (acht Oktavheftchen) durch Vermittlung Max Plancks im Jahre 1938 von der Witwe Leopolds erhalten, als sie eine Biographie über ihren Vater schrieb (Runge [1949]). Zu diesem Zweck transliterierte sie die Briefe ihres Vaters (79), Briefe bzw. Briefauszüge von Max Planck (37) sowie drei Briefe von Adolf Leopold und einen von Bernhard Karsten. Leopold hatte die Bücher und die Kasse der Freunde verwaltet. Die Originale wurden an den Aufbewahrungsort zurückgeschickt. Die Witwe Leopolds verstarb 1943, die kinderlosen unverheirateten Töchter im Zeitraum zwischen 1925 bis 1993. Erhalten blieb nur das Schreibmaschinenmanuskript der Transliteration Iris Runges in drei Exemplaren, die sich im Nachlass Runge–Du Bois-Reymond der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Berlin befinden.

Die Studienfreunde schickten das Brieftagebuch in einem regelmäßigen, festgelegten, aber mehrfach unterbrochenen Turnus von einem zum anderen und bewahrten somit einen lang andauernden Kontakt über die verschiedenen Wirkungsstätten: München, Berlin – wo Runge von Oktober 1877 bis 1886 weilte und Planck ab 1889 ständig tätig war –, Hannover, Göttingen, Kiel bis hin zu den Gastaufenthalten in den USA, wo Planck im SS 1909 und Runge im WS 1909/10 als Austauschprofessoren weilten. Die für die Freunde notierten Informationen zeichnen ein Bild der breiten, über die Wissenschaft hinausreichenden Interessen. Sie erhellen die Anteilnahme an der beruflichen Karriere sowie an familiären Ereignissen. Das Tagebuch gewährt einen unmittelbaren Eindruck über historische Ereignisse, wie die Ansichten zum ersten Weltkrieg, zur Novemberrevolution, zum Antisemitismus u.a. (vgl. Abschnitt 8 der Einleitung). Auch aus wissenschaftshistorischer Perspektive ist dieser Text eine wertvolle Quelle, zumal gerade im Falle Max Plancks davon auszugehen ist, dass praktisch seine gesamte wissenschaftliche Korrespondenz im 2. Weltkrieg verbrannte, als sein Haus in Herlin-Grunewald einen Volltreffer erhielt. Aussagen über Forschungshorizonte (vgl. hierzu Abschnitt 3 der Einleitung), über die Motivation wissenschaftlicher Arbeiten, Urteile über andere Wissenschaftler, Künstler, Musiker und Schriftsteller werden hier im Freundeskreis unterbreitet, wie sie sonst nie in dieser Offenheit geäußert worden wären.

Die Briefe enthalten ferner interessante Ausführungen über zahlreiche Reisen, und sie bieten Einblick in private Ansichten z.B. über Kindererziehung oder über studierende Frauen; der letztere Teil der Ausführungen ist Bestandteil des von der VW-Stiftung geförderten Projekts von Renate Tobies: »Frauen in der Mathematik. Determinanten von Karriereverläufen unter geschlechtsvergleichender Perspektive«. Der Vergleich mit der von Iris Runge vorgelegten Biografie ihres Vaters ergibt einen weiteren Beleg dafür, dass durch unmittelbare Verwandte besorgte Publikationen verständlicherweise nur solche Dokumente beibringen, die dem Ansehen und Ruhm des Porträtierten dienen.

Für die Einleitung und Kommentierung der Auszüge des Brieftagebuches benutzten die Herausgeber – neben Standardliteratur – zusätzliche Primärquellen. Dazu gehören vor allem weitere Teile des Nachlasses Runge–du Bois-Reymond, der durch ein von Eva Ziesche bearbeitetes Nachlassverzeichnis gut erschlossen ist. Wir verweisen vornehmlich auf Briefe von Planck an Carl Runge und an Iris Runge, die in der Einleitung zitiert werden. Für die zweite Auflage dieser Edition wurden die Promotions- und Habilitationsakten Max Plancks und Carl Runges, deren Abschriften im Anhang beigefügt sind, noch um die Thesen ergänzt (S. 240), die Planck bei seiner Promotion 1879 verteidigte.

Die Herausgeber danken den Mitarbeitern der benutzten Handschriftenabteilungen und Archive (s. die Liste auf S. 257) für die gewährte Unterstützung, den Herrn Wolfgang Böker M.A., Dr. Ralf Haubrich und Dr. Burkhard Heise (GWDG) für Hilfe beim Erstellen der Computerversion des Textes, Prof. Dr. Hubert Goenner, Prof. Dr. Andreas Kleinert und Dr. h.c. Dipl.-Phys. Jost Lemmerich für hilfreiche Kommentare, Prof. Dr. Werner Schmidt für das Foto von B. Karsten, Ann Hentschel für das Korrekturlesen und die Kompilation des Namensregisters sowie Herrn Edgar Swinne für sein verlegerisches Engagement. Für diese 2. Auflage wurden kleine Ergänzungen und Verbesserungen vorgenommen.

Kaiserslautern und Hamburg, Februar 2003
Renate Tobies und Klaus Hentschel

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