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Elektrizität – Energie – Information

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 (2010) (2010)

Norbert Gilson; Walter Kaiser
Elektrizität – Energie – Information
Die Geschichte der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der RWTH Aachen
(Aachener Beiträge zur Wissenschafts- und Technikgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band 6)
245 Seiten, Pb., 30,00 Euro
ISBN 978-3-928186-89-6
Über die Entwicklung eines Hochschulfaches unter institutionellen, personellen, inhaltlichen und gesellschaftlichen Aspekten.

 

Einleitung

Im Jahr 2008 feierte die Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Aachen ihr 125jähriges Jubiläum. 1883 wurde sie zum ersten Mal als eigenständiges Fach gelehrt. Elektrische Telegrafie und elektrische Beleuchtung waren die Gebiete, mit denen sich das junge Fachgebiet hauptsächlich zu befassen hatte. Die Erfindungen und Innovationen des 20. Jahrhunderts haben Lehre und Forschung des Hochschulfachs dann kontinuierlich verändert. Kraftwerke, Hochspannungsübertragung und Verbundsystem, Funkübertragung samt Rundfunk und Fernsehen, Computer und Mikrochip, Mobilkommunikation und Internet sind Stichworte, die nur in Andeutungen und in großen Zügen den Entwicklungsprozess der Elektrotechnik und ihren Einfluss auf die industrielle Wirklichkeit und die Veränderungen des gesellschaftlichen Lebens wiedergeben. Die akademische Elektrotechnik an der Aachener Hochschule war in diesen Prozess in unterschiedlicher Weise involviert. Sie hat auf neue Entwicklungen reagiert und aktuelle Themen in ihren Fächerkanon aufgenommen, sie hat den Prozess forschend begleitet, zu verschiedenen Zeiten aber auch entscheidend mitgeprägt. Die vorliegende Geschichte der Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Aachen beleuchtet dieses Wechselverhältnis zwischen Lehre, Forschung und industrieller Entwicklung der Elektrotechnik im Detail und macht deutlich, dass die Position des Fachgebietes an der Hochschule und ihr Stellenwert im technisch-wirtschaftlichen Fortschrittsprozess auf einer stetigen intensiven Auseinandersetzung mit den Entwicklungen außerhalb der Hochschule, aber auch mit ihren eigenen fachinternen Inhalten und Fächerstrukturen beruht. Daraus resultiert auch die Einsicht, dass die klassischen Fächer der Elektrotechnik, Energietechnik und Nachrichtentechnik, heute nur noch einen Ausschnitt aus dem umfassenden Fachgebiet darstellen, das seit den 1970er Jahren durch die Entwicklung der Informationstechnik nachhaltig geprägt und verändert wurde.

Der seit 1987 in der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik angesiedelte Lehrstuhl für Geschichte der Technik bot den engeren Rahmen für die Auseinandersetzung mit dem Thema. Insgesamt liegen zur Disziplingeschichte der wissenschaftlichen Elektrotechnik bisher nur wenige analytische Untersuchungen vor. Zuletzt hat Wolfgang König in seiner Schrift über die Technikwissenschaften beispielhaft anhand der Elektrotechnik die Herausbildung dieser Wissenschaftsgattung an den deutschen Technischen Hochschulen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg grundlegend behandelt. Weitere Materialien vorwiegend deskriptiver Natur zur Geschichte des Fachs finden sich in verschiedenen Schriften Aachener ElektrotechnikProfessoren sowie ausführlich in dem von Ulrich Kalkmann verfassten Band über die TH Aachen in der NS-Zeit. Die vorliegende Untersuchung bietet in den ersten drei Kapiteln ein Resumée der Entwicklung der Elektrotechnik an der TH Aachen bis zum Zweiten Weltkrieg. Das Schwergewicht der Darstellung liegt jedoch auf der Geschichte des Fachs seit der Nachkriegszeit. Dabei ist für die Zeit bis zum Ende der 1950er Jahre auch durch die Berücksichtigung von Archivunterlagen ein fundierter Überblick möglich. Neben den Beständen des Hochschularchivs, das eine Reihe wichtiger Unterlagen zur Geschichte des Fachs zur Verfügung stellen konnte, sind vor allem die im Landesarchiv Düsseldorf befindlichen, die Zeit bis zum Ende der 1950er Jahre umfassenden Bestände des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung sowie des Kultusministeriums des Landes NRW zu nennen. Die Aktenbestände für die darauf folgenden Zeiträume sind derzeit aus Datenschutzgründen noch gesperrt. Als Grundlage für eine spätere systematische Erforschung der Disziplingeschichte wurde daher der Weg gewählt, die Entwicklung der Aachener Elektrotechnik zunächst aufgrund der verfügbaren Unterlagen vorwiegend deskriptiv darzustellen. Bei der Beschaffung der Materialien leistete das Dekanat eine wichtige Hilfestellung, vor allem zur Erstellung einer detaillierten Zeittafel, die einen chronologischen Überblick der einzelnen Institutionalisierungsprozesse ermöglicht. Die vorliegende Untersuchung wäre aber nicht möglich gewesen ohne die engagierte Unterstützung aus der gesamten Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik. Entscheidend war das Entgegenkommen vieler aktiver, emeritierter und pensionierter Professoren, die zu einem Gespräch über Entwicklung und Bedeutung ihres jeweiligen Fachgebietes bereit waren und denen wichtige Hinweise zur Disziplingeschichte zu verdanken sind.

Zu erwähnen sind auch die Beiträge Aachener Elektrotechnik-Professoren zur Geschichte ihres Fachs. Bereits Eugen Flegler setzte sich 1954 angesichts der kommenden Anforderungen rückblickend mit der Disziplingeschichte auseinander. Mit der Geschichte der Nachrichtentechnik beschäftigte sich insbesondere Volker Aschoff eingehend. Er war Mitglied im Arbeitskreis »Geschichte der Technologie«, der sich unter Beteiligung von Mitgliedern aus verschiedenen Fakultäten Mitte der 1970er Jahre an der RWTH konstituiert hatte. Im Juni 1976 skizzierte Aschoff seine Vorstellungen, wie sich aus der Beschäftigung mit der Geschichte der Technik Orientierungen für die Praxis ingenieurwissenschaftlichen Handelns ergeben könnten. Die bis in die Antike zurückgehenden Forschungen von Aschoff führte Hans-Dieter Lüke fort, unter anderem durch eine Sammlung zur Geschichte der Nachrichtentechnik sowie durch seine Untersuchungen zur Frühgeschichte der Digitalisierung und zur Entstehung des Abtasttheorems. Auch Walter Ameling engagierte sich zusammen mit Otto Lange für die Geschichte seines Fachgebietes und initiierte den Aufbau einer Ausstellung zur Geschichte der Datenverarbeitung am Lehrstuhl für »Allgemeine Elektrotechnik und Datenverarbeitungssysteme«, aus der später das Aachener Computermuseum hervorging. Mit dem Aufbau einer umfangreichen Sammlung von Elektronenröhren sowie mit Publikationen zur Geschichte dieses Bauelements hat Herbert Döring das Wissen über die Entwicklung dieses Zweiges der Hochfrequenztechnik entscheidend bereichert. Nicht zuletzt haben Hansjörg Tafel mit der Skizze zur Entwicklung des Instituts für »Nachrichtengeräte und Datenverarbeitung«, Dietrich Meyer-Ebrecht mit einem Beitrag zur 10-jährigen Tätigkeit des Lehrstuhls für »Messtechnik«, Gerhard Henneberger mit dem Rückblick auf die 30-jährige Geschichte der Fakultät für Elektrotechnik sowie Klaus Heime mit dem Überblick über die Entwicklung der Halbleitertechnik an der RWTH Aachen wichtige Details zur Disziplingeschichte beigetragen.

Um die Leserlichkeit des Textes nicht durch häufige Unterbrechungen zu erschweren, wird für die Verzeichnung der exakten Daten der einzelnen Ereignisse der Fakultätsgeschichte sowie für Bemerkungen zur Biographie der einzelnen Hochschullehrer auf die Zeittafel verwiesen. Sie bietet auch denjenigen eine Orientierung, die einen schnellen Überblick oder eine zeitliche Einordnung bestimmter Ereignisse suchen.

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